Ich muss ehrlich zugeben: Diesmal habe ich keine Ausrede
mehr wieso ich so lange nicht mehr geschrieben habe. Ehrlich gesagt kann ich es
mir kaum erklären, wie es möglich ist, dass der letzte Eintrag schon so lange
her ist!!! Ich weiss gar nicht wo beginnen mit erzählen... Aber am besten lasse
ich die vergangenen drei Wochen einfach weg und erzähle einfach vom letzten
Wochenende. Ich konnte nämlich einen Freund in Pretoria besuchen, den ich über
eine Freundin von meiner alten Schule kennengelernt habe. Wir trafen uns am
Samstag um 2 in Pretoria, wo ich nach einer langen Taxifahrt von ihm und seinem
Vater abgeholt und nach Hause gefahren wurde. Den Nachmittag verbrachten wir
mit Filme schauen und Pancakes mit Nutella und Bananen kochen und esse. Am Abend
gingen wir dann an ein Konzert von Hillsong (eine Art Rockband mit religiösem
Hintergrund) und es war (überraschenderweise) echt toll! Auch wenn ich mich
ganz ehrlich merkwürdig fühlte auf einmal zwischen so vielen weissen. Auf der
anderen Seite tat es aber gut zur Abwechslung einmal nicht die ganze Zeit
angestarrt zu werden...
Who makes the perfect pancake? |
Making real Afrikaaner Pannekoek |
There we go, pannekoek with cinnamon and sugar |
Adding a thick layer of Nutella and a lot of banana... |
Professional Pannekoek maker, we could even start selling them ;) |
After eating the pancakes, we finished the rest of the Nutella with spoons... |
Am Sonntag wurde ich dann am morgen gleich mit einem Kaffee
in der Küche empfangen und dann zum Frühstück mit Haferflocken, Bananenbrot,
Joghurt (das erste Mal seit einem Monat!!) und frischen Früchten verwöhnt.
Natürlich mussten wir noch den Film vom Vorabend fertig schauen und hängten
diesem gleich noch zwei weitere an. Zum Mittagessen gab es dann Braaivleis und
dazu leckere Salate. Um vier Uhr musste ich dann leider schon wieder nach
Hause, damit ich nicht im Dunkeln im Taxi unterwegs sein würde. Das Wochenende
hatte sich aber auf jedenfalls riesig gelohnt! Ich freue mich schon auf den
nächsten Besuch ;)
Ach ja, bevor ich es vergesse: Anfang Februar hatten wir
noch ein AFS-Picknick in Johannesburg. Damit ich nicht 200Rand Transport für
einen einzigen Nachmittag bezahlen musste, fand Eva (eine andere Schweizerin)
ich könnte doch das Wochenende bei ihr verbringen. Das machten wir dann auch,
und so kam ich endlich einmal dazu das berühmte Soweto zu sehen und konnte mich
auch endlich wieder mit Eva treffen. Es war ein super Wochenende, allerdings
gibt es dazu nicht viel zu erzählen, da wir vor allem geredet haben und ein
wenig in der Gegend rumgelaufen sind.
Beautiful botanic garden in Joburg |
Boats on the dam in the parc |
Crazy Swiss girls |
White monkeys hanging in the trees ;) |
No comment :) |
Acting like tourists |
Nun aber doch nochmals zu meiner Schule zurück:
Inzwischen habe ich mich schon ganz gut eingelebt, ich
beginne langsam die ersten Freunde zu finden, mit denen ich es wirklich gut
habe und langsam aber sicher gewöhnen sich die Schüler auch daran eine weisse
um sich herum zu haben. Das Basketball macht mir immer noch riesig Freude, auch
wenn das Training von Tag zu Tag härter wird, ich finde es toll im Team zu
spielen und mich endlich wieder zu bewegen.
Etwas witziges gibt es aber noch zu erzählen: ES scheint als
wäre ich tatsächlich eine Berühmtheit in Rustenburg geworden, und zwar nicht
nur in dem Teil in dem ich lebe, sondern sogar in der Stadt und in komplett
andern Quartieren hat man von der Weissen gehört, die HF Tlou besucht und in
Tlhabane lebt. Tatsächlich hat meine Schwester nun in ihrer Schule (sie geht an
einem ganz andern Ort zur Schule als ich und muss zwei Taxis nehmen um dahin zu
kommen) Leute über mich reden gehört. Und als ich das letzte Mal in der Stadt
war, schien es überall Leute zu haben, die meinen Namen kannten! Unglaublich,
ich frage mich echt, wie das so schnell passieren konnte!
Dann zur Schule an sich: Seit ich hier bin habe ich wieder
so viel Neues dazugelernt (ich rede hier nicht von Schulstoff, ganz sicher
nicht!) und ich verstehe auch immer mehr, wieso dieses Land so ist, wie es ist.
Als ich noch in Pretoria war verstand ich zum Beispiel überhaupt nicht, wie es
möglich ist, dass es hier so viele Arbeitslose gibt.
Dazu aber noch eine kurze Vorgeschichte: im Moment schreiben
wir in der Schule sogenannte Cycle Tests, diese sollen den Schülern (und
Lehrern) zeigen, wo man ungefähr steht mit dem Stoff und somit auch eine
Vorbereitung für die März Prüfungen sein. Bisher haben wir Cycle-Tests in Bio,
Mathe, Physik, Englisch, Setswana und Hauswirtschaft geschrieben. Nun, die
Mathe Prüfungen sind jetzt auch schon korrigiert und unser Lehrer ziemlich
enttäuscht. Jedenfalls kam er dann an einem Morgen in unser Klassenzimmer um
uns zu sagen wie schlecht die Prüfungen herausgekommen waren und dabei warf er
uns gleich ein paar Zahlen an den Kopf, die mich ganz ehrlich schockiert haben:
In südafrika ist die Grade 12 das letzte Schuljahr vor der
Uni. Ich bin in Grade 10 (in Grade 11 und 12 hatte es keinen Platz mehr,
öffentliche Schulen hier sind echt überfüllt). Nun, in meiner Schule hatte es
letztes Jahr 228 Schüler in Grade 10. Jetzt festhalten! Davon haben es gerade
mal 50% zu Grade 11 geschafft, die andern sind durchgefallen! Um durchzufallen
muss man in 3 Fächern von 10 ungenügend sein. Also mussten 114 Schüler Grade 10
wiederholen, das ist auch der Grund für die riesigen Klassen!! Das grosse
Problem in Südafrika sind übrigens die Naturwissenschaft, also Mathematik,
Physik und Biologie. Tatsächlich haben es von den 114 Schülern, die bestanden
hatten nur 14 geschafft in Mathe UND Physik genügend zu sein! Ich konnte es
kaum glauben! Kein Wunder eigentlich: die meisten Schüler hier brauchen sogar
einen Taschenrechner um 12 plus 14 zu rechnen, ohne Witz. Lasst uns hier eine
kurze Dankespause einlegen für das, so angezweifelte und kritisierte, Schweizer
Bildungssystem.
Etwas Weiteres was ich erwähnen möchte ist, die meisten
Leute hier haben keinen blassen Schimmer von Geografie. Habe ich schon einmal
erzählt, dass ich gefragt wurde ob ich denn schon einmal in Europa gewesen sei?
Als ich die Frage hörte, musste ich echt lachen, aber wartet, es kommt noch
besser: Ein anderes Mal fragte mich jemand: “Wie bist du denn nach Südafrika
gekommen? Mit dem Taxi?” Da habe ich mich schon richtig kaputt gelacht, ich
hätte nicht gedacht, dass es noch besser kommen könnte, aber in meiner letzten
Geografie-Stunde: der Lehrer fragt, wo Norden ist. Und alle Schüler zeigen in
den Himmel! Ich dachte ja erst, das sei ein Witz, allerdings verbrachte der
Lehrer die nächste Viertelstunde damit zu erklären, dass Norden nur auf Karten
und in Büchern oben sei... Kein weiterer Kommentar.
Ich weiss jetzt übrigens was ein Kulturschock ist, ich
dachte ja, ich hätte den schon in Pretoria gehabt, aber falsch gedacht. Nie in
meinem Leben hätte ich gedacht, dass Menschen so unterschiedlich leben können,
nie hätte ich mir vorstellen können, dass es so anders sein würde in einer
südafrikanischen Familie zu leben! Das Faszinierendste an diesem Land ist aber,
dass schwarze und weisse hier so nahe beieinander leben ohne die geringste
Ahnung voneinander zu haben! Und tatsächlich leben die Afrikaaner hier so viel
ähnlicher zu den Europäern als die Schwarzen, es ist etwa so, als würden die
Afrikaaner gleich neben den Schweizern leben, die schwarzen dagegen am andern
Ende der Welt.
In Pretoria habe ich das überhaupt nicht realisiert. Ehrlich
gesagt dachte ich da auch, dass Schwarz und Weiss hier wirklich schon so
vermischt sind, dass man kaum noch auf die Hautfarbe schaut. Wieder falsch.
Letzte Woche habe ich eine Freundin besucht und bin in meiner Strasse alleine
entlang gelaufen. DA hat mich ein Schwarzer gegrüsst und ich grüsse natürlich
zurück. Und dann stoppt der Typ tatsächlich, starrt mich an und sagt “Wow, I
can't believe it, you are the first white chic in my whole life that greeted me
back!” Da war ich also echt schockiert. Das erklärt auch, dass die Eltern von
den meisten meiner Klassenkameraden nicht glaubten, als diese erzählten, eine
Weisse sei nun mit ihnen in der Klasse.
Ich glaube, seit der Apartheid ist so viel Unglaubliches in
diesem Land passiert und es hat sich so viel verändert und (grösstenteils)
verbessert, aber hier ist mir klar geworden, was für ein weiter Weg noch
gegangen werden muss in diesem Land. Und gleichzeitig weiss ich jetzt, weshalb
Südafrika auch “the Rainbow Nation” genannt wird. Ganz ehrlich: ich bin
unendlich froh, dass ich hierher gekommen bin!