Ich beginne am besten einmal mit dem letzten Samstag. Khumo und Bonolo waren schon bei ihrer Grossmutter in Soshanguve, wo sie waehrend dem Wochenende blieben und wir fuhren am morgen los nach Rustenburg. Auf unserem Weg machten wir einen kurzen Stopp bei einem Shoppingcenter, wo sich Lerato einen blauen Overall kaufte fuer die Hochzeit, die uebrigens am selben Tag stattfand. Typisch Suedafrikaner, hier passiert alles kurzfristig und im letzten Moment :P Als naechstens gingen wir zum MacDonalds und holten uns was zu Essen fuer unterwegs (alle die mich kennen, wissen wie sehr ich MacDonalds mag :P) und dann ging die lange Fahrt los. Es dauerte im ganzen circa 1 1/2 Stunden, in denen wir natuerlich die ganze Zeit laute Musik hoerten und ich schon einmal viele Fotos machte, weil es unterwegs richtig nach Afrika aussah. Hier eine kleine Auswahl:
Als wir dann endlich in Rustenburg ankamen, war ich am anfang ehrlich gesagt enttaeuscht, es sah gar nicht so anders aus als Pretoria. Auch hier verkauften Leute auf der Strasse an den Ampeln Handyladegeraete und gefaelschte Sonnenbrillen und Taschen und auch hier gab es uralte, kaputte Autos neben teuren, auf Hochglanz polierten Wagen. Und als wir kurz darauf vor einem Haus hielten und Neo und Lerato mir begeistert erklaerten “this is home!”, war ich im ersten Moment, ganz ehrlich schockiert. Es war ein so kleines, altes, heruntergekommenes Haus. Trotzdem sagte ich natuerlich hoeflich “It’s nice” und lernte als naechstes meine neuen Cousins und Cousinen kennen. Am Anfang dachte ich, sie moegen mich nicht, weil sie mich nur halbherzig begruessten, allerdings fand ich bald heraus, dass sie nur schuechtern waren. Neo sagte mir, dass ich sie verwirre, was ehrlich gesagt vorallem eine Person verwirrte: mich selbst.
Thabo, Ditlhake, Kea, Bontle, Koketso, Ole, Mosiwa. Koenntet ihr euch all diese Namen gleich merken?? Ich also nicht, bis jetzt kann ich erst drei davon. Shame! Aber das wird schon noch J
Gleich nachdem wir angekommen waren, zogen wir uns um, um zu einer Hochzeit in der Nachbarschaft zu gehen. Nun, den Anblick von Lerato im Overall, darf ich euch auf gar keinen Fall vorenthalten, sieht sie nicht aus wie ein Model??
Die Hochzeit war nur einige Strassen weiter, trotzdem gingen wir mit dem Auto dahin, um unterwegs noch meine Tante und eine Cousine aufzuladen. Als wir ankamen, waren die Leute schon am Tanzen. Und zwar waren sie alle in der Reihe und machten irgendein Ritual, das hier ueblich ist um das Haus einzuweihen, wenn ich das richtig verstanden habe. Natuerlich began ich gleich damit Fotos zu machen, als ein Typ zu mir kam, auf die Kamera zeigte und sagte: “It’s very costy. How much?” Ich wusste ehrlich gesagt nicht, was ich sagen sollte, jedenfalls hielt ich die Kamera ganz fest und stellte mich dumm mit “I don’t know”. Er wollte unbedingt die Kamera genauer sehen, deshalb war ich froh als Neo mich mitnahm um mir meine Grandma vorzustellen. Dafuer gingen wir zum Haus, woe s ein riesiges Buffet mit afrikanischen Spezialitaeten hatte. Dort traf ich zum ersten Mal meine Grandma, die ich von Anfang an liebte. Sie umarmte und kuesste mich gleich und rief etwa fuenf mal “my Sophia!!” Nach dieser stuermischen Begruessung mussten wir allerdings schon zum Festzelt gehen, wo etwa sechs grosse Tische aufgestellt waren, alle wunderschoen gedeckt und hergerichtet. Nachdem alle Leute im Zelt waren, begann ein Mann mit einer Rede, die groesstenteils in Tswana war, so dass ich nicht viel verstand. Dafuer begann ich die Leute zu studieren. Einige Frauen trugen die traditionelle Tswanakleidung mit einem Kleid und Kopftuch, einige trugen kurze, modische Kleider und hatten verrueckte Frisuren.
Zwischen all den Reden wurde immer wieder lautstark gesungen, wozu die Frauen in die Haende klatschten und einige sogar aufstanden um zu tanzen. Richtig afrikanisch eben ;-) Uebrigens lernte ich ein neues Tswanawort: “Lenyalo” heisst naemlich Hochzeit. Nach all den Reden wurde erst einmal gebetet und dann hoerte ich ein weiteres Wort das ich verstand, naemlich “dijo”, Essen! Dafuer gingen alle Leute mit ihrem Teller zum Buffet und luden sich riesige Portionen auf. Und ich stand mit meiner Kamera bewaffnet daneben und erklaerte den Leuten, die das Essen ausgaben, dass ich alles probieren wollte, was die irgendwie sehr witzig fanden. ALs dann allerdings dieser merkwuerdige Typ, der so Freude hatte an meiner Kamera wiederkam und mir helfen wollte von allem Essen etwas zu bekommen, fluechtete ich schnell wieder an den Tisch. Als ich alles aufgegessen hatte (es war koestlich! Vorallem nach dem MacDonalds am Mittag) und das ganze mit einem Colddrink (die Suessgetraenke hier) runtergespuelt hatte, war ich pappsatt. Neo kam zu mir und sagte, sie wolle mir ein paar Freunde vorstellen. So lernte ich als naechstes … kennen. Wir gingen zusammen ein wenig durch die Stadt. Das ueberraschte mich sehr, ich haette naemlich nicht gedacht, dass es sicher ist in so einer GEgend einfach herumzugehen, vorallem in der “old location”, dem alten Teil der Stadt. Ich wurde zwar die ganze Zeit wie ein Alien angeschaut weil ich Weiss bin und die TAtsache, dass ich an jeder zweiten Ecke ein Foto machte, machte das ganze auch nicht besser, trotzdem genoss ich es sehr wieder einmal frei herumzulaufen. An diesem Abend begann ich Rustenburg wirklich zu moegen, auch wenn es viele arme Leute hatte, die in Blechhuetten wohnen. Irgendwie kam mir alles so persoenlich vor, wahrscheinlich weil Neo viele Leute kannte. Auf dem WEg zur Hochzeit zurueck, kamen wir noch am Haus von Neos Freundin Amanda vorbei. Ich erschrak ein wenig, als ich sah, dass es auch nur eine Blechhuette war. Leider war Amanda nicht zu Hause, so kam es, dass ich sie erst am Sonntag in der Kirche kennenlernte.
Am Samstagabend machten wir nicht mehr viel, wir sassen noch vor dem Fernseher und Thabo wollte, dass ich ein Foto von ihm machte, weil er sich aufgestylt hatte (sah aber gut aus!). Meine kleinen Cousins schienen sich auch an mich zu gewoehnen, weil auf einmal waren alle rund um mich herum und liessen mich kaum noch aufstehen.
Nach diesem Tag fiel ich totmuede aber sehr gluecklich in mein Bett (wir schliefen zu viert in einem Zimmer, aber es stoerte mich ueberhaupt nicht, das haette ich nie gedacht!).
Am naechsten morgen gab es oatmeal zum Fruehstueck (Hafergruetze), was sehr haesslich aussieht, aber koestlich ist. Danach wurde das Haus geputzt (dafuer wischten sie einfach allen Abfall hinaus und liessen ihn hinter dem Haus liegen (versteh einer die Afrikaner...)), dann gingen wir zur Kirche. Man sollte meinen, dass mich unterdessen nichts mehr ueberraschen kann, allerdings schaute ich doch ein bisschen bloed, als wir uns in ein Schulzimmer setzten, in dem sich alle Leute auf die viel zu kleinen Stuehle gesetzt hatten. Ich wurde als erstes gleich vorgestellt, dann suchten sie mir einen Uebersetzter, der jedes Wort auf Englisch uebersetzte, der Gottesdienst war naemlich in Tswana.
Das Thema vom Gottesdienst war Respekt vor den Eltern. Ich merkte schnell, wie wichtig das hier ist, dass man die Eltern respektiert und ihnen ausnahmslos gehorcht. Allerdings wurde kein grosser Bezug zwischen dem Thema und der Bibel gemacht, wie ich e smir von der Kirche in der Schweiz gewoehnt bin. Zwischen den verschiedenen “Predigten” wurde immer wieder gesungen, wofuer alle aufstanden, den Rhythmus klatschten und das Ganze mit einem hin und her wippen. Zu Musik muss man sich hier einfach bewegen! Immer!!!
Nach dem Gottesdienst lernte ich dann Amanda, Neos Freundin kennen, die mit der Schule fertig schon ist. Sie ist eine Xhosa (das sind die mit den Klicklauten) und Neo sagte mir, dass Xhosafood “very nice” sei. Ihr wundert euch vielleicht, wieso ich die ganze Zeit Essen erwaehne (ok, die die mich kennen wundern sich nicht…), aber ich hatte letzte Woche eine Idee. Auf die Idee gekommen bin ich wegen Joana (danke Joe ;-) ), weil sie mir von ihrem Englandfotobuch erzaehlt hat und jedenfalls habe ich beschlossen, dass ich ein Fotobuch mit traditionellem Suedafrikaessen zusammenstellen will. Das Buch werde ich “Dijo” nennen und fuer die Rezepte werde ich Freunde und Verwandte nach den Rezepten von ihrem Lieblingsessen fragen und dazu Fotos von ihnen und Fotos vom Essen reinkleben. Aber dazu spaeter noch mehr.
An diesem Mittag gingen wir im Spar einkaufen und ich machte wieder ganz viele Fotos. Ein Typ im Supermarkt fragte mich, ob ich von ihm und seiner Frau ein Foto mache und ob ich fuers Fernsehen arbeite xD Sowieso wollten so viele fremde Leute auf ein Foto, das war echt witzig. Ok und jetzt kommt ein Teil, be idem Vegetarier schnell weiterscrollen sollten. Die Fleischabteilung. Da war Fleisch aufgebiegen wie beim Metger. ES gab Steak, ganze Haehnchen, Innereien, endlose Wuerste, Huehnerfuesse, alles! Und natuerlich standen beim Fleisch am meisten Leute an. Nach dem Einkaufen gingen wir zu einem Haus, neben dem eine Huette stand und in dieser Huette hatte es ein Feuer ueber deme in riesiger Topf hing. In dem Topf wurden Rindsfuesse oder sowas gekocht. Diese Fleischstuecke konnte man dann kaufen. Man kaufte sie in einem blauen Plastiksack, wuerzte sie mit Worcestersauce, Curry, Paprika und aehnlichem und ass sie dann von Hand, indem man einfach Stuecke abriss und die Knochen auf die Strasse warf. Merkwuerdig, aber es schmeckte echt gut!
Gut, ab hier koennen auch Veggies wieder mitlesen. Den restlichen Sonntag verbrachten wir eigentlich groesstenteils vor dem FErnseher und wir assen noch ein feines Mittagessen. Neo war mit einigen Freunden (und meinem Handy, hier teilt man naemlich ALLES) unterwegs und deshalb war ich mit meiner Grandma und einer Schar Cousins und Cousinen alleine. Am Abend stellte mich Thabo dann einem Freund vor und wir verbrachten ein wenig Zeit draussen, vor dem Haus.
Am naechsten Tag lernte ich dann den beruehmten afrikanischen Burger “Spathlo” kennen. Es gibt auch ein englisches Wort dafuer, weil die Weissen das afrikanische Wort anscheinend nicht aussprechen koennen, allerdings habe ichs vergessen… Das war vielleicht ein GEschmackserlbenis!!! Der Spathlo besteht aus richtig dicken Toastscheiben (so dick wie etwa vier, fuenf Scheiben zusammen), einer geilen (sorry fuer das Wort) Sauce, einem Fleisch, aehnlich wie Fleischkaese und Pommes. Falls ihr jemals nach Suedafrika kommt, lasst euch dieses Ding auf gar keinen Fall entgehen!!! (Allerdings muesst ihr danach einen Tag nichts mehr essen. – Ausser ihr seid Afrikaner J )
Ooh, fast haette ich vergessen noch von meinem Onkel zu erzaehlen. Ich glaube ehrlich gesagt, der ist verrueckt, er sitzt den ganzen Tag vor dem Haus auf einem zerschlissenen Buerostuhl und trinkt African Beer. Und er fuehrt Selbstgespraeche.
Am Montag war uebrigens Heritage Day, Neo nahm mich dafuer mit zu so einer Halle, in der Jugendliche auf einer Buehne vortanzten. Einige von ihnen trugen Schuluniformen, einige so richtige Hiphopkleidung und ein paar hatten ihre traditionelle Kleidung an. Ihr haettet diese Taenze sehen sollen! Das kann man nicht in Worten beschreiben!!! Sie tanzten, klatschten, stampften, sangen, rapten,... Und das ganze einfach noch viel afrikanischer! Naja, es macht keinen Sinn das zu erklaeren zu versuchen, es ist nicht beschreibbar.
An diesem TAg mussten wir leider wieder nach Hause gehen und ich war echt traurig. Als wir angekommen waren, haette ich nie, nie gedacht, dass ich mich dort so wohl und zum ersten mal hier in Afrika richtig zu Hause fuehlen wuerde. Und ich war auch stolz auf mich, dass ich mit der Einfachheit und dem engen Zusammenleben so gut klar kam. Naechste Woche, wenn die Ferien beginnen,w erden wir wieder nach Rustenburg gehen und ich kann es kaum erwarten! Ich freue mich schon darauf all meine Cousins wieder zu sehen und natuerlich meine Grandma.
Ich werde noch mehr Fotos hochladen, dafuer ist es jetzt aber zu spaet. Bis bald und liebe Gruesse